«Soli-Kreis» für erdbebengeschädigte Kinder
Nach Angaben von UNICEF waren etwa 4,6 Millionen Kinder in zehn Provinzen der Türkei vom Erdbeben betroffen. Traumatisch für Kinder ist nicht nur das Erdbeben selbst, sondern auch die Verluste, von Familie und Bezugspersonen über Alltag wie Schule und Kindergarten bis hin zum Wohnraum. Diese Abwesenheit von Struktur öffnet Tür und Tor für alle Formen von Gewalt und Missbrauch an Kindern durch Angehörige oder Fremde. UNICEF berichtet von durchschnittlich 10 Fällen pro Tag. Viele Kinder werden derweil noch vermisst, Familienzusammenführungen sind hängig. Um dabei zu helfen, diese Missstände auszuräumen, starten wir eine Soli-Kampagne.
Soli-Kampagne
Orientierungspunkt sind zunächst ihre unmittelbaren Bedürfnisse. Sie sollen aber auch wissen, dass sie nicht allein sind und sich jemand kümmert und wir wollen mit unserer Kampagne dazu beitragen. Ziel ist nicht nur Hilfe, sondern auch ein gemeinsames Bewusstsein durch Brücken, Begegnung und Konnex. Wir wollen das Leben mit ihnen wiederaufbauen und die Welt wieder lebenswert machen.
Was tun?
Zum Beispiel Briefe schreiben, bevor wir es verlernen, oder Bilder malen, falls wir noch nicht schreiben können. Die Kraft des Wortes und der Bilder ist, woran wir glauben. Oder teile ein liebes Spielzeug oder etwas, was du in einer Spielecke sehen wolltest und stehe so bei der Errichtung von Spielzimmern zur Seite. Spielen und kurieren ist eine Devise. Beschäftigung. Lesen oder schauen und sich bilden eine andere. Räume sind von unüberschätzbarer Bedeutung. Eine Bibliothek wollen wir helfen einzurichten, mit Kinderbüchern, und wenn sie in einer für sie anderen Bildersprache sind, umso besser - klingt doch nach was. Wären genügend Buntstifte und Papier zur Hand könnten die Kinder es gleich selbst ausprobieren. Für das Auge wäre auch ein Beamer schön, gemeinsam Trickfilme glotzen, wie vor der Katastrophe. Oder Naturbeobachtung durchs Fernglas auf einem Ausflug.
Beschäftigen heisst aber auch assistierte Selbstbeschäftigung. Viele freiwillige PsychologInnen sind vor Ort und achten darauf, dass eine Auseinandersetzung mit den Verlusten und Traumas nicht abreisst. Es braucht aber mehr und mit der Errichtung und Unterstützung von Räumen, die eine derartige kollektive Praxis ermöglichen, leisten wir Gutes.
Was sonst noch sinnvoll wäre, wenn man es zur Hand hat…
Wer ist unser Kontakt vor Ort?
Durch persönliche Kontakte stehen wir in Verbindung zu einer Gruppe von jungen Freiwilligen, die sich «Her Yer Çocuk» [«Kinder Überall»] nennt. Alles was gesammelt werden kann wird mit ihnen geteilt.
Die Gruppe gründete sich vor 8 Jahren, um in den heissen Sommermonaten während der langen Sommerferien in ArbeiterInnenquartieren verschiedene Aktivitäten zu organisieren und diejenigen Kinder aufzufangen, die keinen Urlaub kennen. Es werden Themen wie Kunst und Musik, Ökologie und Umwelt, Wissenschaft und Sport mit Blick auf Rechte von Kindern behandelt. Die Überzeugung der Freiwilligen ist, dass Kinder als vollumfänglicher Teil der Gesellschaft verstanden werden müssen und TrägerInnen von Rechten sind. Vor allem haben sie das Recht ihre Persönlichkeit und ihre Fähigkeiten zu entwickeln. Die Gruppe besteht ausschliesslich aus ehrenamtlich engagierten Personen mit verschiedenen Berufen, wie PsychologInnen, LehrerInnen, SozialarbeiterInnen und einem expliziten Anspruch auf Professionalität. Je nach Situation und Bedürfnissen bilden sie sich durch Schulungen weiter und kommen ihrem Selbstanspruch nach. In folgenden Städten sind sie aktiv: Istanbul, Izmir, Ankara, Mersin, Hatay und Adana.
Als die Erde am 6. Februar 2023 bebte waren sie in kürzester Zeit vor Ort um ihre Erfahrungen und Kenntnisse zum Einsatz zu bringen. Das rechnen wir Ihnen hoch an. Sie leisteten allgemeine Koordinationsarbeiten, die eigentlich vom Katastrophenschutz erwartet werden müssten, und sorgten gleichzeitig für die Befriedigung der Grundbedürfnisse (Besorgung und Errichtung von Zelten) der nunmehr obdachlosen Kinder. Vermissten Kindern wurde nachgeforscht. Familien wurden zusammengeführt und bei der Betreuung unterstützt. Grossen Wert legten sie auf die Sicherheit von Kindern in einer derart willkürlichen Situation. Sie versuchten so gut wie möglich eine tägliche Routine für Kinder aufzubauen. Viele der oben aufgezählten Aktivitäten, wurden umgesetzt. Finanziert haben sie all das durch viele kleine Solibeiträge. Ihre Hoffnung ist, die Aktivitäten und Strukturen durch steigende Ressourcen auszuweiten und zu stärken.
Was nun?